Er bewundere „den Einsatz von Franziskus für die Menschen und unseren Planeten“, sagte Indiens Premierminister Narendra Modi unter dem Eindruck seiner Begegnung mit dem Papst am Rande des G7-Treffens in Apulien. Und weiter: „Ich habe ihn auch eingeladen, Indien zu besuchen.“ Mündlich und informell lud Modi den Papst bereits am 30. Oktober 2021 nach Indien ein, nach einem Treffen im Vatikan. Doch eine offizielle Einladung folgte nie.
Schlimmer noch: Schon 2016 hatte Papst Franziskus öffentlich einen Pastoralbesuch in Indien angekündigt und die Indische Bischofskonferenz hatte auch bereits mit den konkreten Vorbereitungen begonnen – scheiterte jedoch am Widerstand der indischen Regierung. Der Regierungschef hieß damals wie heute Narendra Modi.
Modi betreibt knallharte Hinduisierungspolitik
Der eben im Amt bestätigte Premierminister betreibt eine knallharte Hinduisierungspolitik des säkularen indischen Staates und seiner Gesetzgebung. Christen und Muslime sind die Leidtragenden dieser Politik, werden als Fremde und Eindringlinge diffamiert, sehen sich einer zunehmend feindseligen Gesetzgebung und Politik ausgesetzt, werden häufig zu Opfern von Gewalttaten, welche von Polizei und Justiz meist einfach ignoriert werden.
Wer nun achselzuckend meint, die Christen müssten sich als kleine Minderheit von etwa 2,3 Prozent nun einmal der hinduistischen Mehrheitsgesellschaft anpassen, sollte nachrechnen: Im bevölkerungsreichsten Staat der Welt leben gut 30 Millionen Christen. Und sie sind nicht „Eindringlinge“, also eine Folge von Eroberung oder Kolonisierung, denn bereits der Apostel Thomas missionierte im Süden des indischen Subkontinents.
Eine totalitäre Tendenz
Die radikale Hindutva-Ideologie, die den säkularen Staat Gandhis und Nehrus zu überwinden trachtet und Indien als exklusives Reich der Hindus definiert, hat eine totalitäre Tendenz, die Christen wie Muslimen hart zusetzt. Ein Papstbesuch dürfte sich nicht darauf beschränken, die Christen moralisch zu stärken und sie für ein paar Tage der indischen und der weltweiten Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Der Vatikan müsste im Vorfeld mit der indischen Regierung konkrete Verhandlungen über konkrete Probleme der Glaubens- und Religionsfreiheit verhandeln. Auch die menschenrechtswidrigen Konversionsverbote müssen da ein Thema sein.
Als Papst Johannes Paul II. sich anschickte, das kommunistische Kuba Fidel Castros zu besuchen, ist das schon einmal gelungen. Es gäbe also vatikanische Erfahrungen, auf die man vor einem auch für Modi prestigeträchtigen Indien-Besuch von Papst Franziskus zurückgreifen könnte. Die Christen Indiens können jedenfalls eine helfende Hand jenes Papstes, der an die Ränder gehen will, dringend gebrauchen.
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