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Die Kunst stinkt vom Kopf her

Der umstrittenen Statue der gebärenden Maria in Linz wurde der Kopf abgesägt. Ein heroischer Akt im Kampf gegen Blasphemie? Oder doch eher ein plumper Akt des Vandalismus?
Umstrittene Marienstatue im Linzer Dom
Foto: Mariendom / Franz Wurzinger | Die Erschafferin der Statue, Esther Strauß, sieht die Enthauptung ihres Werks als Beleg dafür, „dass es immer noch Menschen gibt, die das Recht von Frauen an ihrem eigenen Körper in Frage stellen“.

Was für eine Woche! Erst wird im Mariä-Empfängnis-Dom in Linz eine groteske Statue der gebärenden Maria präsentiert. Dann formiert sich sogleich Widerstand gegen diese Geschmacklosigkeit in Form einer Petition an den Linzer Bischof. Doch noch bevor dieser den Text in Ruhe zu Ende lesen kann, nimmt jemand die Sache selbst in die Hand und sägt der Gottesmutter kurzerhand den Kopf ab.

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Gleich mehrere Fragen drängen sich auf. Erstens: Wie gelingt es jemanden, am helllichten Tag in einem öffentlichen Raum einer massiven Statue unbemerkt den Kopf abzusägen? Noch viel wichtiger aber: Wie ist eine solche Tat zu bewerten? Ist es ein heroischer Akt im Kampf gegen Blasphemie? Oder doch eher ein plumper Akt des Vandalismus?

Es hilft ein Blick in die Heilige Schrift

Wie so oft in Momenten der Unsicherheit hilft hier ein Blick in die Heilige Schrift: „Vergeltet niemandem Böses mit Bösem! […] Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr“, schreibt Paulus an die Gemeinde in Rom. Eine deutliche Absage an jede Form von Selbstjustiz.

Der Apostel hat aber auch eine Mahnung für die andere Seite: „Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.“ Diese Weisheit sei all jenen ans Herz gelegt, die nun bereits wieder einen Angriff auf die Kunstfreiheit wittern, wie etwa Johann Hintermaier, Bischofsvikar für Bildung, Kunst und Kultur der Diözese Linz: „Es war uns bewusst, dass wir mit dieser Installation auch Diskussionen hervorrufen. Wenn wir damit religiöse Gefühle von Menschen verletzt haben, tut uns das leid, aber diesen Gewaltakt der Zerstörung und die Verweigerung des Dialogs sowie den Angriff auf die Freiheit der Kunst verurteile ich aufs Schärfste.“ 

Die wahre Motivation hinter dem Projekt

Die Erschafferin der Statue, Esther Strauß, sieht die Enthauptung ihres Werks als Beleg dafür, „dass es immer noch Menschen gibt, die das Recht von Frauen an ihrem eigenen Körper in Frage stellen“. Diese Aussage ist gleich doppelt interessant. Zum einen, weil die Rede vom Recht der Frauen an ihrem eigenen Körper für gewöhnlich im Kontext der Abtreibungsdebatte und gerade nicht beim Gebären Verwendung findet. Zum anderen, weil hier die wahre Motivation hinter dem Projekt deutlich wird. Es geht nicht um die ehrfurchtsvolle Verehrung Marias im Glauben, sondern um feministischen Aktionismus, für den die Gottesmutter herhalten soll. Auch das Bedauern des Bischofsvikars über die unbeabsichtigte Verletzung religiöser Gefühle ist heuchlerisch. Natürlich wusste man genau, dass hier religiöse Gefühle verletzt werden würden, und man hat dies entweder beabsichtigt oder zumindest billigend in Kauf genommen. 

Alles ist erlaubt, auch und gerade in der Kunst. Aber auch als Auftraggeberin von Künstlern muss die Kirche zuallererst ihrem eigenen Auftrag nachkommen, der Verbreitung und Stärkung des Glaubens. Das ist in diesem Fall gründlich misslungen. Entartete Kunst gibt es nicht, entfremdete schon.

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