Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Unterwegs auf den Seychellen

Seychellen: Betörende tropische Kulisse

Die Inselgruppe ist vom Klimawandel bedroht. Noch aber bieten sie eine betörende tropische Kulisse für Segelkreuzfahrten.
Strand auf den Seychellen
| Die rund 460 Quadratkilometer große Inselwelt der Seychellen ist ein bedrohtes Paradies, da sie durch einen ständig steigenden Meeresspiegel gefährdet ist.

George lächelt. So erscheint es dem Besucher. Die riesige Landschildkröte hätte auch allen Grund dazu. Immerhin hat sie rund 150 Jahre auf dem Panzer. Sie lebt auf Cousin. Seit 1969 ist das Eiland, das zu der Inselgruppe der Seychellen gehört, Naturschutzgebiet und damit das erste überhaupt im Indischen Ozean. Gleichzeitig ist es bekannt für seine seltene Tierwelt und gerade auch für Ornithologen besonders wertvoll. Rund 250.000 Vögel nisten jährlich hier, darunter Rohrsänger, Seeschwalben und Madagaskarwebervögel. Daneben gibt es Geckos und viele Moskitos. Zwingend ist also ein ausreichender Mückenschutz. Darauf weist Inselführerin Aurellie Ernesta hin und hat auch selbst ein Fläschchen für alle Fälle im Rucksack. Malaria gibt es auf den Seychellen zum Glück nicht.

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George ist eine Landschildkröte und wurde irgendwann im Lauf seines langen Lebens von den Aldabra-Koralleninseln nach Cousin gebracht. Die sind rund 1.150 Kilometer von der Hauptinsel Mahé entfernt und bis auf einige Wissenschaftler, die sich zu Forschungszwecken dort aufhalten, unbewohnt. Das größte Atoll der Welt ist die Heimat von rund 150.000 dieser Riesenschildkröten, die vor Ort einsam und vor allem ungestört leben.

Vor Cousin liegt die Sea Bird im türkisfarbenen Meer. Sie gehört zur Flotte von Silhouette Cruises, die Touristen auf mehrtägigen Touren auf historischen und modernen Segelschiffen durch die Inselgruppe schippert. Kaum leichter lassen sich die Inseln entdecken als vom Meer aus, fast jeden Tag eine andere Insel, ein anderes Schnorchel- oder Tauchrevier und am Abend Sonnenuntergangromantik auf dem Deck. Tauchlehrerin Maria ist mit an Bord. Sie bietet nicht nur Schnupper-Tauchgänge an, sondern ein komplettes einwöchiges Kursprogramm zum Erwerb der offiziellen Tauchlizenz „Open Water Diver“.

Auf dem Weg zum Bacardi-Strand

Koch Adrian ist für das leibliche Wohl der Gäste zuständig. Westliche Gerichte ergänzt er gerne mit kreolischen Appetitanregern wie Kokosmilch, Papaya, Fisch und Früchten. Chef der Bordcrew auf der 24 Jahre jungen und 42 Meter langen Segelyacht ist Skipper Ronny Elizabeth. Er gibt zu, dass er eher für die Traditionsschiffe eine Schwäche hat: „Das Segelgefühl ist ein anderes, die Gäste sind aktiver und es macht mehr Spaß, mit den fast 110 Jahre alten Damen unterwegs zu sein.“

Die modernen Schoner wie die Sea Bird sind dagegen bequemer, auch weil die Kabinen mit eigenem Bad größer sind. Piratenromantik oder Komfort – die Qual der Wahl ist für die meisten Gäste nicht ganz einfach. Für eine Woche ist nun Skipper Ronny mit seiner Crew auf der Sea Bird unterwegs. Seine Diplome und Patente in Navigation hat er in Südafrika und auf den Seychellen gemacht. „Als Skipper habe ich viele schöne Momente mit internationalen Gästen erlebt. Was mir gefällt ist der Teamgeist, der schon nach wenigen Tagen entsteht“, schwärmt der dreifache Vater aus Mahé. Er blickt in den blauen Himmel. Heute ist es windstill, und der Motor nimmt den Segeln die Arbeit ab. Ein bisschen standfest und gegen Seekrankheit gewappnet sollte man schon sein, obwohl es jede Menge guter Ratschläge, Hausmittel und sogar ein Druckarmband gibt, das die Übelkeit bekämpfen soll.

Mit zwei Beibooten werden die Gäste auf die als Bacardi-Strand bekannte Insel La Digue, Ort des angeblich schönsten Sonnenuntergangs im gesamten Indischen Ozean gebracht. Hier hat schon das „Traumschiff“ für eine Folge geankert, ältere Fernsehzuschauer werden sich daran noch erinnern. Die Palmenkulisse ist immer wieder ein optimaler Ort für vielseitige Mode-Shootings. Es gibt zahlreiche Fahrrad und E-Bike-Vermieter und so lässt sich die Insel nach eigenem Gusto – Natur, Wandern oder Baden – erkunden, bevor sich alle Radler zum romantischen Sonnenuntergang am Strand Anse Source d'argent treffen. Übrigens stellt man seinen Drahtesel ohne Schloss ab, denn alle Leihräder finden sich über kurz oder lang bei den Verleihern am Hafen wieder ein.

Tauchen, Schnorcheln, Gottesdienst

Die Insel Curieuse, wo die Sea Bird am nächsten Tag vor Anker liegt, gehört heute zum Curieuse Marine National Park und war von 1829 bis 1965 Sitz einer Leprakolonie. Heute beherbergt das Besucherzentrum der Insel die Überreste des Heims und des Arzthauses. Durch den Mangrovenwald überquert man einen Steg hin zu spektakulären Granitfelsen und einsamen schneeweißen Stränden. Immer wieder queren Landschildkröten in allen Größen den Weg. Diejenigen, die auf den Wanderausflug gerne verzichten, bleiben an Bord oder genießen eine farbenfrohe Schnorcheltour vor dem winzigen Inselchen Île St. Pierre.

Nach einer Woche legt die Sea Bird wieder am Heimatdock in Mahé an. Rechtzeitig zum Sonntagsgottesdienst in der größten Kirche, der Kathedrale Our Lady of Immaculate Conception, in der Hauptstadt Victoria. Vorbei am bunten Hindutempel in der Nähe des Wochenmarktes wartet Gemeindevorstand Bella Rose schon vor dem Kirchenportal. Im Inneren des riesigen Gotteshauses zeigt sie auf eine Plakette im Boden. „Félix Pauls Gebeine ruhen hier. Er war der bislang einzige einheimische Bischof“, sagt sie stolz. Seine Nationalität hat eine ganz besondere Bedeutung für die Katholiken hier, die mit den ersten Siedlern um 1770 auf die Seychellen kamen. Bevor die 60-Jährige weiter zum imposanten Gebäude des Domiciliums, auch Domus genannt, geht, erklärt sie, dass die Anlage im Kolonialstil heute ein Nationaldenkmal und Wohnstätte des Priesters ist. Ganz in der Nähe steht auch das Haus des Bischofs Alain Harel, der aber aus Mauritius stammt.

Beeindruckender Panoramablick

Auf dem Naturpfad Dan Bwa Per gleich hinter der Kirche steigt Bella Rose hinauf zum Glockenturm. Von hier aus ist der Panoramablick beeindruckend. Die Mutter von drei erwachsenen Kindern erzählt von ihrem Engagement, einheimische Kinder in Bibelgeschichte zu unterrichten, damit sie die Heilige Kommunion empfangen können. „70 Prozent aller Bewohner hier sind katholisch.“ Tägliches Beten, die Unterstützung des Priesters bei den Messen und Gottesdienstbesuche gehören zu ihrem Alltag. Vom Glockenturm aus blickt Rose hinunter auf die blühende Natur. „Wir leben hier in einem Paradies. Ich glaube daran, dass Gottes Sohn gestorben ist, um uns diese wundervolle Welt zu erhalten.“

Am Sonntag begleitet Bella Rose Priester David Alcindor, einen Landsmann, in den Gottesdienst. Heute findet die Messe auf französisch und kreolisch statt, Chormitglieder singen und tanzen zwischen den Liturgien. Die Besucher in den Bänken haben sich fein herausgeputzt und tragen Sonntagsstaat, ihre Kinder glänzende Lackschühchen statt Sandalen.

Später geht es mit der Fähre hinüber nach Praslin, Heimatinsel der Coco de Mer, der ganz besonderen Palmenfrucht mit dem frivolen Po. Mehr über das Gewächs, über seine Legenden und Mythen erfährt der Besucher von Führerin Semanta im Vallée de Mai, einem Nationalpark, der 1983 von der UNESCO in die Liste des Weltnaturerbes aufgenommen wurde. Ganz in der Nähe gehört Umweltschützerin und Hotelmanagerin Joanise Doway das Acajou Beach Resort. „Pflegen und nähren, was wir lieben!“ ist ihre Devise. Wichtig war der Mutter von zwei erwachsenen Kindern schon zu Beginn des Hotelbaus vor 27 Jahren, dass es nur umweltschonend geht. Früher ein Anliegen, heute ein Muss.

Personal mit rührender Aufmerksamkeit

Das Resort liegt an einem der schönsten Küstenabschnitte der Insel. Mittlerweile hat sich das 58 Zimmer-Haus den Ruf als Praslins Grünes Hotel zu Recht verdient. Da gibt es den großen Garten mit vielen Fruchtbäumen und Kokospalmen direkt am Strand, lokale Kunst und frische Meerestiere von den nahen Fischern. „Wir kaufen auch Obst aus den Gärten unserer Angestellten“, sagt Doway. Das Personal revanchiert sich den Gästen gegenüber mit rührender Aufmerksamkeit. „Wenn die Besucher sagen, dass hier alles eine Seele hat, dann macht uns das glücklich“, sagt die gebürtige Insulanerin. Das verbrauchte Wasser wird zum Gießen der Pflanzen recycelt. „Wir unterstützen darüber hinaus Öko-Clubs in den Schulen, denn Umweltschutz fängt schon bei den Kleinsten an.“ Zusätzlich sparen Photovoltaikanlagen auf dem Dach 45 Prozent der Gesamtelektrizität ein.

Die rund 460 Quadratkilometer große Inselwelt der Seychellen ist durch einen ständig steigenden Meeresspiegel gefährdet. „Das bedrohte Paradies muss uns erhalten bleiben. Und dafür werden wir alles tun“, betont Doway. Plastik sieht man an den makellosen Stränden kaum. Die Insel-Republik war 1976 die erste, die Umweltschutz in ihre Verfassung aufgenommen hat. Und darüber kann auch Greis George nur zustimmend lächeln.

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