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Ein geführter Weg

Ihr unerfüllter Kinderwunsch führte Lena und Julian Huben zu zwei Pflegekindern … und zu Gott. Am Ende steht ein kleines Wunder: ein leibliches Kind.
Familie Huben
Foto: Isabel Kirchner | Gott führte Lena und Julian zum Familienglück.

Am Neckar, etwa in der Mitte zwischen Mannheim und Heidelberg, befindet sich das hübsche historische Städtchen Ladenburg. Am östlichen Rand von Ladenburg liegt eine Baumschule, die an Sonn- und Feiertagen und in den Ferien immer auch viele Ausflügler aus den umliegenden Ortschaften anzieht. Sie wird nun schon in vierter Generation von der Familie Huben betrieben. Julian und Lena  Huben wohnen dort im Grünen in einem rosafarben gestrichenen Häuschen aus der Gründerzeit. Wenn man in das geschmackvoll renovierte Haus tritt, die weichen Farben der Einrichtung, die lichtdurchfluteten Räume und vor allem die herzliche und zugewandte Art von Julian und seiner Frau erlebt, fühlt man sich sofort wohl und willkommen. Draußen im Grünen spielen die drei Kinder mit ihren Kaninchen und kommen ab und zu herein, um mal nach Mama und Papa zu sehen.
Lena wuchs in Schriesheim bei Ladenburg in einer gläubigen evangelischen Familie auf. Ihre Schwester Anne, die von den vier Geschwistern am entschiedensten den Glauben ablehnte und wilde Pubertätsjahre verbrachte, fand in der Studienzeit in Berlin über katholische Freunde zum Glauben, konvertierte und lebt heute zölibatär in Wien. „Meine große Schwester ist irgendwann katholisch geworden und das hat mich schon alles irgendwie fasziniert.“ Durch Anne lernte auch Lena die Schönheit des Katholizismus kennen und begann, sich insgeheim nach Eucharistie und Beichte zu sehnen. Für sie war aber immer klar: Ich bin evangelisch. Nach dem Abitur begann Lena eine Ausbildung zur Gärtnerin in der Baumschule Huben. Über Umwege lernte sie auch den Sohn Julian ihres damaligen Chefs kennen. Julian war ebenfalls Gärtner und arbeitete in Schleswig-Holstein, als Lena ihre Ausbildung in Ladenburg begann. Bald waren sie ein Paar, viele Jahre lang in einer Fernbeziehung, während beide in ganz Europa und sogar darüber hinaus in verschiedenen Baumschulen arbeiteten und sich beruflich fortbildeten.

Nein zu künstlicher Befruchtung

In Colmar – wo das Unternehmen Huben ebenfalls eine Baumschule betreibt – zogen Lena und Julian dann das erste Mal zusammen. Jetzt sollten Kinder und eine Hochzeit folgen. Reihenfolge? Nicht so wichtig. Und auch der Glaube war damals für Lena wie Julian ein Randthema. Als sich einfach keine Schwangerschaft einstellen wollte, ergab ein medizinischer Befund bei Julian, dass er höchstwahrscheinlich keine Kinder zeugen kann. Eine künstliche Befruchtung lag vor allem für Lena sofort nahe. Sie informierten sich über die Möglichkeiten und gingen zu ersten Untersuchungen. Doch langsam wurde auch Lena skeptisch, ob dieser Weg der richtige ist. Als sie erfuhr, dass mehrere Eizellen befruchtet und eingefroren würden, fragte sie, ob es möglich wäre, nur die eine Eizelle zu befruchten, die natürlich heranreift und die dann einzusetzen. Der darauffolgende Satz der Ärztin „Das lohnt sich nicht“ war für Lena der ausschlaggebende Grund, sich gegen die künstliche Befruchtung zu entscheiden. „Uns war von Anfang an klar, dass wir keine Kinder wollen, damit sich irgendetwas lohnt. Rentabilität, Lohnfaktor, das gehört da irgendwie nicht rein, das ist ja kein wirtschaftliches Projekt. Und da hab ich dann auch Nein gesagt“, erzählt Lena.

2013 heirateten Julian und Lena und zogen von Colmar zurück nach Ladenburg, um im dortigen Familienbetrieb zu arbeiten. Nach wie vor stellte sich bei Lena keine natürliche Schwangerschaft ein. Der Beichtvater von Lenas Schwester Anne brachte das Thema der Vollzeitpflegekinder auf. Julian und Lena hätten sich mittlerweile ein Adoptivkind gut vorstellen können, hatten aber Angst, ein Pflegekind könne ihnen schnell wieder weggenommen werden. Dennoch fingen sie an, sich über die Themen Adoption und Pflegekindschaft näher zu informieren. Dabei erfuhren sie, dass Adoptionen selten sind, es aber nicht ungewöhnlich ist, dass sich aus einer Pflegekindschaft nach Jahren eine Adoption ergeben kann. Außerdem sei es nicht so häufig wie gedacht, dass Pflegekinder ihre Pflegeeltern wieder verlassen müssten. Also ließen sich Lena und Julian darauf ein, sie belegten den vorgeschriebenen Kurs und da sie die Jüngsten dort waren, wurde ihnen auch innerhalb sehr kurzer Zeit ein Baby anvertraut: Luke. Er war nur vier Monate in einer Bereitschaftspflegefamilie, bevor er zu den Hubens kam. Heute ist er ein verantwortungsvoller und ernsthafter Zehnjähriger, der in diesem Jahr seine erste heilige Kommunion feierte. Vor wenigen Wochen durfte Luke vom Ehepaar Huben sogar tatsächlich offiziell adoptiert werden. „Ein riesiges Geschenk für uns“, meinen die beiden.

Kurz nachdem Luke zwei Jahre alt wurde, bekamen Julian und Lena ein weiteres Pflegekind zugewiesen: die bereits elf Monate alte Sophie. Im Gegensatz zu Luke, der ganz gesund auf die Welt kam, hatte Sophies leibliche Mutter während der Schwangerschaft Alkohol und Drogen konsumiert. Folgeschäden für das Baby waren unausweichlich.

Bis heute ist es für Lena und Julian eine große Aufgabe, mit den speziellen Anforderungen ihrer herzigen Tochter zurechtzukommen. In der ganzen Zeit wuchs die Beziehung zu Gott immer mehr. Immer wieder kamen Impulse von Anne und Annes Beichtvater. Lena sehnte sich mehr und mehr nach dem katholischen Glauben. „Tatsächlich habe ich mich auch im Rahmen der Kinderwunschthematik aktiver mit der katholischen Kirche auseinandergesetzt, weil wir festgestellt haben: Die Kirche hat da gar nicht so Unrecht, dass sie die künstliche Befruchtung ablehnt. Das ist ja alles nicht wirklich stimmig. Wann beginnt denn das menschliche Leben? Entweder, du setzt einen willkürlichen Zeitpunkt oder es beginnt wirklich ganz am Anfang mit der Befruchtung. Dann kannst du die Kinder aber auch nicht einfrieren“, waren  Lenas Gedanken damals. Zu dieser Zeit entdeckte sie, dass sie an einer Endometriose litt. Dabei wächst die Gebärmutterschleimhaut auch außerhalb der Gebärmutter weiter. Es hatte also, wie sie nun wussten, bei Lena wie bei Julian medizinische Gründe gegeben, die eine natürliche Schwangerschaft verhindert hatten. Lena unterzog sich einer Operation, bei der die Auswüchse entfernt wurden. Im Anschluss an die Operation war die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, für drei Monate lang sehr erhöht. Das Paar hoffte erneut auf eine Schwangerschaft, denn eine solche hätte der Endometriose, die ansonsten schnell wieder wachsen kann, einen starken hormonellen Dämpfer verpasst. Die Ärzte stellten Lena nach Ablauf der drei Monate vor die Wahl, entweder über Hormone den Zyklus zu regulieren oder eine künstliche Befruchtung vorzunehmen. Beides konnte sich Lena nicht vorstellen. Sie fühlte sich in einem großen Dilemma.

Gott erfüllt den Kinderwunsch

Zu dieser Zeit schlug Anne Lena und einer weiteren Schwester vor, an einem katholischen Mütterwochenende teilzunehmen. Lena reiste zum Schweigewochenende in die Nähe von Wien. Um die Stille auch beim Essen aufrecht zu erhalten, las der Seelsorger während der Mahlzeiten Texte vor. In einem Text wurde von einer Frau erzählt, die sterbenskrank war und ihre kleinen Kinder nur durch eine Glasscheibe sehen durfte. Zugleich, und hier fühlte sich Lena sofort mit der Protagonistin verbunden, war sie evangelisch und hatte sich schon lange nach der katholischen Konfession gesehnt. Diese Frau betete, dass, wenn Gott sie heilte, sie zum Dank konvertieren wolle. Dann wurde sie geheilt. Lena war so ergriffen von dieser Geschichte, dass sie ganz spontan Gott dasselbe bat: „Ich sagte zu ihm: Jesus, wir machen es so – jetzt sind diese drei Monate herum. Ich gebe dir noch ein halbes Jahr. Wenn ich dann schwanger bin, werde ich katholisch.“ Ungefähr fünf Monate später war das erste leibliche Kind von Julian und Lena unterwegs: Wilhelm. Und im Mai 2019 ging Lena dann das erste Mal zur Beichte und empfing ihre erste heilige Kommunion.

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Während vor allem Lena immer wieder sehr eifrig und sehr bewusst nach Gott suchte und dann immer wieder Antworten in der katholischen Kirche fand, hatte Julian, der von Anfang an katholisch war, schon immer eine gewisse Grundverwurzelung im Glauben. Dass es Gott gibt, zog er nie in Zweifel, „mir fehlten nur die Tools, um da tiefer einzusteigen“, meint er. Seine Werkzeuge heute: „Ich habe einen absolut verstärkten christlichen Glauben, ich habe die Messe, ich habe die Beichte, das Tagesevangelium. Morgens gehe ich mit dem Hund raus und höre das Tagesevangelium und dann denke ich: Woher hast du gewusst, Gott, dass mich das schon wieder beschäftigt!“ Für beide war der bisherige Weg, den sie gemeinsam meistern mussten mit den Entscheidungen, die auf diesem Weg zu fällen waren, ein Weg, auf dem sie Gott immer näher kommen durften. „Gott hat uns ein gegenseitiges Grundvertrauen gegeben und außerdem die Gabe, etwas ohne Zögern einfach zu tun“, beschreibt Julian. Genau in diesem Tun, in dem er eine starke Ruhe und Sicherheit spürt, fühlt Julian die Verbundenheit mit Gott. „Es war ein geführter Weg in die Ehe“, sagt er.

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