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Der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock wurde verehrt und verspottet

Ein Angesicht, vom Geist erhellt. Vor 300 Jahren wurde Friedrich Gottlieb Klopstock geboren. Der Dichter gab der deutschen Literatur wichtige Impulse.
Friedrich Gottlieb Klopstock
Foto: Klopstockhaus Quedlinburg | Heute fast vergessen, gab er doch wichtige Impulse für Schiller und Goethe: Friedrich Gottlieb Klopstock (Gemälde von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Öl auf Leinwand, um 1800).

Im 18. Jahrhundert war Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) der berühmteste Dichter Deutschlands. Nachfolger wie Goethe und Schiller verdankten ihm wertvolle Anregungen. Andere verspotteten Klopstocks Schaffen. So preist der Teufel in Grabbes Komödie „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“ Klopstocks Hauptwerk, den „Messias“, als „unfehlbares Schlafmittelchen“ an. Heute ist der am 2. Juli 1724 geborene Klopstock fast vergessen. Sein 300. Geburtstag bietet Gelegenheit, ihn und sein Werk ins Rampenlicht zu stellen.

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Klopstocks Geburtshaus steht am Fuße von Quedlinburgs Schlossberg. In dem Fachwerkgebäude wird Klopstock mit einer Dauerausstellung geehrt. Er war das älteste von 17 Kindern eines verschuldeten Juristen. Beim Rundgang entdecken wir Devotionalien wie eine Haarlocke Klopstocks. Berühmt gemacht haben ihn die ersten drei Gesänge des „Messias“, die 1748 erstmals erschienen. Dieses an der Lutherbibel orientierte Hauptwerk war jedoch erst 1773 vorläufig vollendet. Es folgten die „Ausgabe letzter Hand“ (1781) und die „des letzten Fingers“ (1799). Seine 20 Gesänge lobpreisen Christus und sein Erlösungswerk in fast 20.000 Versen.

Von Gott berufen

Zu seinem Schaffen fühlte sich Klopstock von Gott berufen. Das Rüstzeug vermittelte ihm das in einem ehemaligen Zisterzienserkloster eingerichtete Internat an der Landesschule Pforta, wo er von 1739 bis 1745 lebte. Hier studierte er intensiv die Bibel und las die antiken griechischen und römischen Autoren, etwa Homer und Cicero. Die noch heute bestehende Landesschule ehrt ihren berühmten Abgänger mit einer im Internet und im Besucherzentrum präsentierten Schau. An einer Wand steht in riesigen Lettern ein spöttisches Epigramm, das der Dichter Lessing 1753 verfasste: „Wer wird nicht einen Klopstock loben? Doch wird ihn jeder lesen? – Nein. Wir wollen weniger erhoben und fleißiger gelesen sein.“

Die Sonderschau aber ermuntert dazu, Klopstock zu lesen – und zwar laut. Das war zu Klopstocks Zeit üblich und im Hinblick darauf hat er seine Texte Wort für Wort komponiert. Textblätter zu elf Oden, Hymnen und Auszügen aus längeren Schriften liegen bereit. Sie geben uns Einblick in seine Hauptthemen. „Der Messias ist mit dem ersten Gesang vertreten: „Sing', unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung, / Die der Messias auf Erden in seiner Menschheit vollendet.“ Das bis heute berühmte Liebesgedicht „Das Rosenband“ ist ebenso vertreten wie die nicht minder bewunderte Hymne auf die Freundschaft: „Der Zürcher See“. Auf seine vaterländischen Dichtungen weisen uns „Hermann und Thusnelda“ hin. Seine Verehrung der Natur als Werk Gottes bringt uns das Gedicht „Die Frühlingsfeyer“ nahe.

Neue Intensität

Das Neuartige an Klopstocks Dichtkunst war ihre Ausdrucksintensität. Er gilt als Erfinder der empfindsamen Liebeslyrik. Aber nicht jedem gefiel diese gestelzte und umständlich feierliche Ausdruckskunst. Der für seine spöttischen Aussprüche gefürchtete Lichtenberg tat kund: „Klopstock hebt an: ,Du, der Du niedriger bist als ich, - und dennoch mir gleich - befreie mich von der Last des staubauffangenden Kalbfells!' - Während ich einfach sage: ,Johann, zieh mir die Stiefel aus'." Der Bielefelder Universitätsprofessor Kai Kauffmann aber hebt in seiner kürzlich erschienenen Biografie „Klopstock!" hervor: „Die neue Art der empfindsamen Liebeslyrik, die Klopstock mit den Fanny-Oden geschaffen hat, war auf Grund ihrer direkten Verknüpfung mit dem eigenen Leben nicht nur radikal, sondern auch riskant."

Die berühmten Fanny-Oden galten einer unglücklichen Liebe, die Klopstock über Jahre hinweg kultivierte. Ausführlich schildert Kauffmann deren tragikomische Wendungen. Er beschreibt Klopstock als schillernde, eigenwillige Persönlichkeit, der mit Meta Moller die große, glückliche Liebe zuteil wurde. Leider starb sie bei der Totgeburt ihres ersten Kindes 1758. Deren Nichte Johanna Elisabeth heiratete Klopstock 1791. Ausführlich schildert Kauffmann schließlich das zum Staatsakt erhobene Begräbnis des fest an die Auferstehung glaubenden Klopstocks, dessen Überführung von Hamburg zum Kirchhof von Ottensen an die 100 Kutschen folgten, während geschätzt 50.000 Menschen die Straßen des Trauerzugs säumten.

Eindrucksvolle Briefe

Wenige Wochen vor Klopstock starb Johann Gleim, mit dem er seit 1750 befreundet war. Gleims Haus steht neben dem Halberstädter Dom. Es beherbergt den umfangreichen Nachlass der Bücher und Briefe sowie 120 Porträts, die Gleim von seinen Freunden gesammelt hatte. Das Gleimhaus präsentiert die Sonderschau „Klopstock und die Freundschaft“. Es geht um die von Klopstock gepflegten Freundschaften und um die Bedeutung der Freundschaftskultur für die Literaturentwicklung.

„Ich halte dieß für eine der schwersten Sachen,
die man unternehmen kann.“

Im Blickpunkt steht etwa die Beziehung zum Züricher Literaturpapst Johann Jakob Bodmer, ohne dessen Förderung der junge Klopstock nie zu Ruhm gekommen wäre. Den Schwerpunkt bilden die Verbindungen zur ihn abweisenden Cousine Maria Sophia Schmidt, die innige Beziehung mit Meta Moller und das langjährige harmonische Zusammenleben in Hamburg mit Johanna Elisabeth von Winthem. die seine zweite Gattin wurde. Sie sang empfindsam seine später von berühmten Komponisten vertonten Lieder.

Nachlass in Hamburg

Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg betreut Klopstocks Nachlass und zeigt die Sonderschau „Vom Klang der Dichtung. Klopstock und die Musik“. Schiller nannte ihn einen „musikalischen Dichter“, und Herder lobte, dass Klopstock die Dichtersprache melodisch gemacht habe. Komponisten vertonten seine Texte. Ausgestellt sind Text- und Notenhefte mit eigenhändigen Eintragungen Klopstocks. Hörstationen halten heute noch regelmäßig aufgeführte Vertonungen bereit, zum Beispiel von Franz Schubert „Das Rosenband“. Auch das Kirchenlied „Die Auferstehung“, das bei Klopstocks Bestattung gespielt wurde, ist zu hören.

Die für den öffentlichen Gottesdienst bestimmten Kirchenlieder, von ihm „Geistliche Lieder“ genannt, beurteilte Klopstock als seine nach dem „Messias“ wichtigste Aufgabe: „Ich halte dieß für eine der schwersten Sachen, die man unternehmen kann. Man soll, wo nicht dem gemeinen Haufen, doch den Meisten verständlich seyn; und doch der Religion würdig bleiben. Unterdeß erscheint es mir, daß mir Gott die Gnade gegeben, und mir diese Arbeit hat gelingen lassen.“ Lessing aber schrieb an Gleim: „Was sagen Sie zu Klopstocks geistlichen Liedern? Wenn Sie davon schlecht urteilen, werde ich an Ihrem Christentum zweifeln; und urteilen Sie gut davon, an ihrem Geschmacke. Was wollen Sie lieber?“

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