Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Filmrezension

„King's Land“: Archaischer Kampf um Jütland

Mads Mikkelsen brilliert in Nikolaj Arcels bildgewaltigem Filmepos als Siedler, der das Unmögliche schaffen will.
Szene aus "King's Land"
Foto: Henrik Ohsten | Der ehemalige Hauptmann Ludvig Kahlen (Mads Mikkelsen) ist entschlossen, die als unfruchtbar geltende jütische Heide urbarzumachen.

Kopenhagen, 1755: König Frederik V. träumt seit Jahren davon, die wilde jütische Heide zu besiedeln. Doch bisher konnte niemand auf dem als unfruchtbar geltenden Boden, in einer Region voller Banditen, wilder Tiere und harscher Winter, Erfolg haben.

Gegen die Krone und die Natur

Der verarmte Hauptmann Ludvig Kahlen (Mads Mikkelsen) kehrt nach dem Ende seines Militärdienstes nach Kopenhagen zurück, um vom König die Genehmigung zur Gründung einer Siedlung zu erhalten. Am Hofe wird er von den Adeligen verlacht, die ihm zwar die Erlaubnis des Königs beschaffen, jedoch offensichtlich nur, um dem Herrscher weitere erfolglose Siedlungsversuche vorweisen zu können. Kahlen ist entschlossen, die Heide, an der viele gescheitert sind, mit allen Mitteln urbar zu machen. Er hofft, dass ihm dies Reichtum, Ehre und einen Adelstitel einbringen wird. Doch neben der unerbittlichen Natur steht ihm der lokale Adelige Frederik de Schinkel (Simon Bennebjerg) entgegen, der das „Land des Königs“ für sich beansprucht und Kahlens Scheitern um jeden Preis herbeiführen will.

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Der Konflikt eskaliert, als Kahlen auf Bitten des Pfarrers Anton Eklund (Gustav Lindh) die Geflohenen Johannes Eriksen (Morten Hee Andersen) und Ann Barbara (Amanda Collin) vor dem sadistischen de Schinkel versteckt. Zudem zeigt Helene (Kristine Kujath Thorp), die von de Schinkel als zukünftige Braut auserwählte Frau, Interesse an Kahlen. Mit der Ankunft deutscher Siedler und ihrer „Geheimwaffe“ scheint Kahlens Projekt Fortschritte zu machen.

„King's Land“ (Originaltitel: „Bastarden“) ist die Adaption des Romans „Kaptajnen og Ann Barbara“ von Ida Jessen, wobei die weibliche Hauptfigur aus dem Romantitel in der filmischen Version eher in den Hintergrund tritt. Der Film des dänischen Regisseurs Nikolaj Arcel sowie seiner Mitautoren Anders Thomas Jensen und Ida Jessen konzentriert sich auf Ludvig Kahlen.

Ein dänisches „Giganten“

Der Kampf um Land, wie er in „King's Land“ geschildert wird, ist ein klassisches Thema der Literatur, das ebenfalls in zeitlosen Filmen wie „Vom Winde verweht“ und „Giganten“ aufgegriffen wurde. „Kings's Land“ revitalisiert diesen Konflikt mit einer düsteren, existenzialistischen Note und einer beeindruckenden ästhetischen Inszenierung: Jede Szene dieses bildgewaltigen „dänischen Westerns“ wirkt wie einem Gemälde entsprungen. Hinzu kommt der charismatische Hauptdarsteller: Mads Mikkelsens Darstellung des Ludvig Kahlen, der mit Wut und Leidenschaft gegen den tyrannischen de Schinkel kämpft, erinnert an Michael Kohlhaas – eine Rolle, die der dänische Welt- und Hollywoodstar selbst 2013 unter der Regie von Arnaud des Pallières gespielt hatte. Mikkelsen ist perfekt auch für die Rolle des Hauptmann Kahlen. Sein unbedingter Wille, das Land urbar zu machen, führt zu inneren Konflikten: Er nimmt das kleine Sintomädchen Anmai Mus (Melina Hagberg) auf, doch als er zwischen ihr und seinem Projekt wählen muss, wird seine Entscheidung schnell klar.

Die daraus resultierende innere Zwiespältigkeit Kahlens wird jedoch durch die eindimensionale Darstellung von de Schinkel konterkariert. Arcel und seine Mitautoren zeichnen ihn als brutalen Schurken, der nicht nur seine Untergebenen aufs Brutalste foltert, sondern auch das weibliche Personal vergewaltigt. Möglicherweise wollten die Filmemacher dadurch Kahlens Rachefeldzug rechtfertigen. Diese Figurenzeichnung ist dennoch die größte Schwäche des Films.

Erlesene Bilder und ein brillianter Hauptdarsteller

Trotzdem: Die archaische Wucht des klassischen Themas, Mikkelsens herausragende Schauspielkunst, die exzellente Kameraführung von Rasmus Videbæk und das überzeugende Produktionsdesign von Jette Lehmann rechtfertigen die vielen Filmpreise, die „King's Land“ erhalten hat.

So gewann „King's Land“ bei der letzten Verleihung des Europäischen Filmpreises Auszeichnungen für den besten Darsteller, die beste Kameraführung und das beste Kostümdesign. Und beim Dänischen Filmpreis wurde er unter anderem als „Bester Film“ ausgezeichnet – jede einzelne dieser Auszeichnungen kann nur als hochverdient betrachtet werden.

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José García

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