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Kroosartiger EM-Auftakt

Die Nagelsmänner legten gleich im Eröffnungsspiel gut los - und auch Antonio Rüdiger wollte unbedingt ein Tor schießen.
Euro2024: Deutschland - Schottland
Foto: Federico Gambarini (dpa) | Deutschlands Torhüter Manuel Neuer (l-r), Toni Kroos und Thomas Müller lachen nach dem 5:1-Sieg - aber vermutlich nicht über Antonio Rüdigers Eigentor.

Das Runde muss ins Eckige. Und weil die Nagelsmänner diese Fußballer-Weisheit bei ihrer Gala-Vorstellung gestern Abend in der Münchner Allianz-Arena reichlich beherzigten, schoss „die Mannschaft“ zum Auftakt der Europameisterschaft im eigenen Land nicht bloß ein Tor, sondern gleich alle sechs. Dass das Runde dabei einmal von Antonio Rüdigers Kopf den Weg ins falsche, nämlich ins eigene Tor, fand, dürfte so ziemlich der einzige Schönheitsfehler der abendlichen Vorstellung gewesen sein, den sich die Nagelsmänner leisteten.

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Nach fünf Minuten waren die Schotten dicht

Die Dominanz der Deutschen, die die Schotten ab Minute fünf beinah nach Belieben beherrschten, hatte vor allem zwei Ursachen: Das Nagelsmannsche Dreieck und Toni Kroos. Die „Legende“, wie der stille Ausnahmefußballer, der mit 34 Jahren nach der Europameisterschaft die Fußballschuhe an den Nagel hängen will, bei Real Madrid auch genannt wird, verließ den Platz in der 80 Minute.

Bis dahin hatte der Weltmeister von 2014 und sechsmalige Gewinner der Königsklasse 101 Pässe gespielt, von denen 100 ihr gewünschtes Ziel erreichten. Doch es ist keineswegs nur diese Perfektion und seine Präsenz auf dem Platz, die Kroos so unverzichtbar für die deutsche Mannschaft machen. Es ist noch mehr seine Fähigkeit, das Spiel zu lesen und ihm den Takt vorzugeben. Kroos diktiert den Rhythmus, bei dem jeder Gegner mit muss.

Toni Kroos gab den Takt vor

Anders als im Champions-League Halbfinale von Real Madrid gegen den FC Bayern München, als er mit einem diagonalen Gänsehaut-Pass über 30 Meter gegen die eigene Laufrichtung Real-Stürmer Vinicius Junior auf das Perfekteste bediente und so das Spiel drehte, gelang ihm beim EM-Auftakt gestern Abend zwar kein derart genialer Moment. Doch welche Klasse Toni Kroos besitzt, verdeutlichte die Szene, in der er ausglitt und im Fallen einen Diagonalpass über die Hälfte des Feldes direkt in den Fuß von Joshua Kimmich spielte, der anschließend Florian Wirtz in Szene setze, der daraufhin das 1:0 erzielte.

Mit heißem Herz und kühlem Kopf ging die von Kroos dirigierte Elf gestern zur Sache. Bleibt es dabei, können die Nagelsmänner weit kommen. Ob der Torjubel-Song „Major Tom“ mit seiner Liedzeile „völlig losgelöst von der Erde“ dabei besonders hilfreich sein wird, muss sich zeigen. Die Leistung des Auftaktgegners Schottland bot jedenfalls keinen Grund, gleich schon die Bodenhaftung zu verlieren.

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Stefan Rehder EM2024

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