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Katholikentag will ein Friedenszeichen in konfliktreichen Zeiten sein

In Erfurt beginnt an diesem Mittwoch der 103. Deutsche Katholikentag unter dem Motto „Zukunft hat der Mensch des Friedens“. Doch die Debatten in Kirche und Gesellschaft sind von heftigen Kontroversen geprägt. Darauf will das Laientreffen reagieren.
In Erfurt hat der 103. Katholikentag begonnen. Die Veranstaltung ist von Debatten um Krisen in Kirche und Welt geprägt.
Foto: IMAGO/Chris Emil Janssen (www.imago-images.de) | In Erfurt hat der 103. Katholikentag begonnen. Die Veranstaltung ist von Debatten um Krisen in Kirche und Welt geprägt.

 In Erfurt beginnt am heutigen Mittwoch der 103. Deutsche Katholikentag. Rund 20.000 Teilnehmer erwarten das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und das Bistum Erfurt bis kommenden Sonntag in der thüringischen Hauptstadt. Damit wird das Laientreffen deutlich kleiner ausfallen als in früheren Jahren. Vor zwei Jahren waren in Stuttgart gut 27.000 Besucher dabei, 2018 in Münster waren es sogar rund 90.000.

Deutlich weniger Programmpunkte als bei früheren Katholikentagen

Diese Entwicklung dürfte nicht nur mit dem Veranstaltungsort in der Diaspora zu tun haben – in Thüringen gehört noch rund ein Viertel der Menschen einer christlichen Kirche an, rund sieben Prozent sind katholisch – sondern auch mit der gegenwärtigen Kirchenkrise. Und diese sei von der Institution mitverschuldet, machte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp zum Auftakt deutlich. Die Kirche habe zu lange auf den Status quo gesetzt und kritische Fragen nicht zugelassen. Auf dem Synodalen Weg habe man Schritte gegen den klerikalen Machtmissbrauch beschlossen, doch deren Umsetzung dauere viel zu langsam. „Es quält mich, dass wir mit der Umsetzung dieser Ziele nicht schnell genug vorankommen“, sagte Stetter-Karp. „Meine Ungeduld ist groß, und nicht nur meine.“ Sie erwarte von den Bischöfen und vom Papst, dass nun endlich das Ruder herumgeworfen werde. „Es ist genug geredet, es muss gehandelt werden“, betonte die ZdK-Präsidentin.

Das wird allerdings auf erheblich weniger Veranstaltungen als in den Vorjahren geschehen. Laut ZdK-Generalsekretär Marc Frings wird es in Erfurt rund 500 Programmpunkte geben – mehr als die Hälfte weniger als in den Vorjahren. Auch das Politiker-Schaulaufen wird kleiner ausfallen – beispielsweise ist CDU-Chef Friedrich Merz zwar bei der Eröffnungsfeier, aber auf keinem Podium vertreten. Dennoch: Zur Eröffnungsveranstaltung heute Abend werden auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) erwartet. Am Freitagvormittag will auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem Podium unter dem Titel „Gemeinschaft stärken - Gesellschaft gestalten“ unter anderem mit der Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva-Maria Welskop-Deffaa, diskutieren.

AfD auf Podien weiter ausgeschlossen

Damit wird deutlich, dass das diesjährige Motto des Katholikentags „Zukunft hat der Mensch des Friedens!“ aus Psalm 37 auch eine politische Dimension haben wird. Das Laientreffen habe sich zum Ziel gesetzt, die Demokratie zu stärken sowie Gemeinwohl und Gemeinschaft in Vielfalt in den Mittelpunkt zu rücken, sagte Stetter-Karp. „Frieden ist nur zu finden, wenn er gesucht wird“, so die ZdK-Präsidentin. „Wir alle haben hier in Deutschland Verantwortung für den Frieden im Land.“ Der Katholikentag wolle eine Hoffnungsperspektive eröffnen. Die Situation in Deutschland sei derzeit gefährlich, die Demokratie sei bedroht. Sie könne nur funktionieren, wenn man kultiviert und konstruktiv miteinander umgehe. Der Katholikentag wolle die Debatte befördern und unterschiedliche Meinungen zulassen. Diese Debatten werden jedoch erneut ohne die AfD stattfinden. „Der Katholikentag ist kein Ort für populistische Parolen und Diffamierung von Menschen oder das Verächtlichmachen der Demokratie“, betonte Stetter-Karp. „Menschen, die sich in Parteien organisieren, die auf Ausgrenzung und völkischen Nationalismus setzen, haben auf unseren Podien keinen Platz.“ Hier ziehe man eine klare Grenze.

Auch der Erfurter Weihbischof Reinhard Hauke sagte am Mittwochmorgen im rbb-Inforadio, es gebe Funktionäre in der AfD, die bei öffentlichen Auftritten Parolen sagten, „die auch nicht im christlichen Sinne sind“. Allerdings müsse man zwischen konkreten Menschen und Parteivertretern unterscheiden. Dass der Bundeskanzler kurz vor der Europawahl vermutlich auch Wahlkampf machen werde, sieht Hauke nicht als Problem. Das sei in Ordnung, denn der Katholikentag verstehe sich auch als „klare Demonstration für Demokratie und Vielfalt“. Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr betonte die ökumenische Unterstützung, ohne die der Katholikentag nicht denkbar gewesen sei. „Wir feiern eigentlich einen Ökumenischen Kirchentag“, sagte Neymeyr. Seine Hoffnung sei, dass von diesen Tagen Impulse ausgehen „für den Frieden in unserer Welt, in unserer Gesellschaft und in unserer Kirche.“ DT/ogi

Info: 103. Katholikentag

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