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Chartres-Wallfahrt: „Auf dem Weg zu Christus“

Eine Rekordzahl an Pilgern macht sich für die Fußwallfahrt von Paris nach Chartres bereit. Ein Kölner Mitorganisator erklärt, was die Teilnehmer erwartet.
Tausende, darunter viel junge Leute, machen sich auch dieses Jahr wieder auf den Weg nach Chartres.
Foto: IMAGO / Hans Lucas | Tausende, darunter viel junge Leute, machen sich auch dieses Jahr wieder auf den Weg nach Chartres.

Am Freitag beginnt wieder, wie immer um Pfingsten, die 100 km lange Fußwallfahrt von Paris zum Marien-Wallfahrtsort Chartres. Matthias Becker ist einer der Mitorganisatoren des Kölner Chapitres und hat mit der „Der Tagespost“ im Vorfeld  über die diesjährige Pilgerreise gesprochen.

Herr Becker, in diesem Jahr war die Anmeldung für die Chartres-Wallfahrt schon früh geschlossen. Wie viele Teilnehmer werden dieses Jahr erwartet und wie erklären Sie sich den „Run“?

In diesem Jahr werden – darf man den Zeitungen glauben – in Frankreich ca. 18.000 Pilger erwartet. Obwohl die französische Wallfahrtsleitung die Kapazitäten erneut ausgebaut hat, wurde die Anmeldung in diesem Jahr noch früher geschlossen als im letzten Jahr. Unsere Kölner Gruppen haben etwa 210 Teilnehmer bei einem Durchschnittsalter von etwa 26 Jahren. Es sind aber längst nicht mehr nur Pilger aus Köln und Bonn dabei. Zu dieser Wallfahrt dürfen wir zum Beispiel 18 Pilger aus Berlin begrüßen. Den anderen deutschsprachigen Gruppen aus Stuttgart, Wigratzbad, München, Österreich und der Schweiz geht es ähnlich. Die Wallfahrt scheint tatsächlich eine große Anziehungskraft zu haben. Die jungen Menschen suchen authentische Angebote und brauchen in einer immer stärker werdenden säkularen Welt Gleichgesinnte. Im Letzten ist diese Wallfahrt aber ein Angebot auf dem Weg zu Christus. Wenn wir singend und betend auf dem Weg zur Muttergottes von Chartres sind, dann verblassen die Sorgen und Probleme des Alltags und die Beziehung zu Christus wird gestärkt oder gar von neuem entwickelt. Das suchen die jungen Menschen in einer Zeit, in der sie oft in ihren Heimatpfarreien – leider – nur noch eine Hülle unseres katholischen Glaubens vorfinden.

Das Motto der diesjährigen Wallfahrt lautet: „Ich will Gott sehen“. Was hat es damit auf sich?

Stellen wir uns einmal eine Uhr mit Sekundenzeiger vor: Zeigt uns nicht der Blick darauf, wie unsere Lebenszeit verrinnt? Tick-Tack unaufhörlich bis eine Krankheit, ein Unfall oder das Alter quasi das Todesurteil vollstreckt? Christus hat dieses Urteil umgewandelt in ewiges Leben. Ort dieser „Begnadigung“ war das Taufbecken. Seit diesem Moment begleitet uns Christus und wir sollten den Wunsch verspüren mit ihm verbunden zu bleiben. Wie kann uns das gelingen? Indem wir zum Beispiel regelmäßig die Sakramente empfangen, in der heiligen Schrift lesen und mit frohem Herzen in seinem Sinne handeln. Auf der Wallfahrt wird es also ganz konkret um diese Verbindung zu Christus gehen, sodass wir mit ihm verbunden bleiben und am Ende unserer irdischen Tage ihn in der Ewigkeit sehen werden.

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Gibt es viele, die zum ersten Mal mitfahren? Wie würden Sie einem Neuling erklären, was ihn erwartet?

In unserer Gruppe sind regelmäßig 30 bis 40 Prozent Neupilger dabei. Am besten erzählt man direkt, worum es geht: 100km in drei Tagen durch Frankreich zur Muttergottes! Es ist anstrengend aber sehr erfüllend. Wer nicht mehr kann, der soll Teilstrecken mit dem Bus zurücklegen. Außerdem gibt es jeden Tag eine heilige Messe, Vorträge, Rosenkranz, Beichte im Gehen und viele Lieder. Übernachtung im Zeltlager und meistens viel Sonne und manchmal auch Regen. Vielleicht schreckt das einzelne ab. Viele fasziniert aber diese Vorstellung einer echten Wallfahrt.

Was macht den besonderen Reiz der Chartres-Wallfahrt im Allgemeinen aus? Was ist das Erfolgsgeheimnis?

In Frankreich sind wir Teil einer internationalen Wallfahrt. Es kommen Pilger aus den verschiedensten Ländern der Welt - und trotzdem sind wir geeint als Katholiken unterwegs. Es mag manchmal ein Sprachenwirrwar geben, aber spätestens in der heiligen Messe in der überlieferten Form des römischen Ritus fühlen wir uns daheim. Der im 20. Jahrhundert an der Wiederbelebung der Wallfahrt beteiligte Dichter Charles Peguy schreibt im Mai 1914: „Dort ist es, wo ich mein Herz gelassen habe (…). Ich habe dort unglaubliche Gnaden empfangen.“ So geht es auch uns nach jeder Wallfahrt und so bleibt uns nur das Warten bis es wieder heißt „Chartres sonne, Chartres t’appelle!“

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