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Das Dilemma mit der Schuldenbremse

Sparen, um die Währung zu stabilisieren, ist schön und gut. Doch Deutschland sitzt nicht alleine im Euro-Boot.
In der Debatte um die Schuldenbremse darf die internationale Situation nicht ausgeblendet werden, so Pater Johannes Zabel.
Foto: IMAGO/Wolfgang Maria Weber (www.imago-images.de) | In der Debatte um die Schuldenbremse darf die internationale Situation nicht ausgeblendet werden, so Pater Johannes Zabel.

Die „Schuldenbremse“ bei der Aufnahme von Krediten durch den Staat ist besonders seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 in der Diskussion. Juristische, politische und ökonomische Aspekte fließen hier zusammen und ergeben eine komplexe Gemengelage. Die aktuelle Situation des Krieges in der Ukraine und die auch damit verbundenen Kreditaufnahmen („Sondervermögen“) zeigen zudem eine Dringlichkeit in der Debatte auf. Ein Aspekt scheint dabei aber eher etwas zu kurz zu kommen: die internationale Dimension. 

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In einer Hinsicht gibt es bereits Studien die über den nationalen Rahmen hinaus angelegt sind und im internationalen Vergleich von analogen Fiskalregeln zeigen, dass Länder mit in der Verfassung verankerten Fiskalregeln schneller gewachsen sind als Länder ohne in der Verfassung verankerten Fiskalregeln. Das wäre ein Plädoyer für eine Schuldenbremse. Nur gibt es eine weitere Dimension in der internationalen Betrachtung, die derzeit kaum diskutiert wird und den Euro-Raum betrifft: was geschieht, wenn im gleichen Währungsraum unterschiedliche Fiskalregeln angewendet werden bzw. die gleichen Regeln unterschiedlich oder erst gar nicht umgesetzt werden. So sieht es jedenfalls und schlimmstenfalls im Euro-Währungsraum aus.

Internationale Dimension nicht vergessen

Was nützt es, wenn Deutschland seine relative Stabilität des Haushaltes wahren möchte, aber die Insel der Stabilität immer mehr umspült wird von einem Meer internationaler Verschuldungen. Dann kann diese Insel überspült werden und untergehen. Eine Schuldenbremse kann heutzutage immer weniger national wirken, wenn das internationale Umfeld – im gleichen Währungsraum des Euro – die Schulden wuchern lässt. Das ökonomische und juristische Denken aus dem Zeitalter der Deutschen Mark kann nicht im gleichen Maße angesetzt werden für den Euro-Raum.

Wenn ein Land spart, bleibt grundsätzlich die Währung stabiler. Umgekehrt führt eine höhere Verschuldung zu Währungsverlusten. Aber innerhalb des Euro-Gebietes gibt es keine Wechselkurse mehr, die vieles ausgleichen könnten. Wenn Deutschland spart und andere Länder nicht – dann kann daraus ein Dilemma entstehen. Italien ist derzeit auf dem „besten“ Wege, Griechenland in der Verschuldung zu überholen. Und da wir alle in dem einen „Euro-Boot“ sitzen, sind die Entscheidungen einzelner Staaten auch für alle relevant. Was nützt die reine Position Deutschlands, wenn sie überlagert und vielleicht auch konterkariert wird durch andere Staaten mit der gleichen Währung. Der Euro-Währungsunion funktioniert nur mit einer gleichen Fiskalregel für alle – die aber immer weniger beachtet wird. Und so kann ein zusätzliches Dilemma entstehen, ein ethisches Dilemma: der Ehrliche ist der Dumme. Der Ehrliche spart, der andere gibt (sein) Geld aus. Besser aber wäre wohl ein Mit-Schwimmen, wenn man im gleichen Boot des Euro sitzt.

Der Autor ist Vorsitzender der „Joseph-Höffner-Gesellschaft für christliche Soziallehre“.  

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