Donald Trump hat im Laufe seiner langen Karriere im öffentlichen Rampenlicht schon zahlreiche unterschiedliche Positionen in der Abtreibungsdebatte vertreten. 1999 noch „sehr ,pro choice‘“, erklärte er sich im vergangenen Jahr selbst zu dem Präsidenten, der sich „so stark wie kein anderer in der Geschichte Amerikas“ für den Lebensschutz eingesetzt hat.
Im Hinblick auf die im November anstehenden Präsidentschaftswahlen nahm der abermalige Kandidat der Republikaner eine erneute Kurskorrektur vor – und sorgte damit für Aufregung innerhalb der amerikanischen Lebensrechtsbewegung. Zunächst betonte Trump in einer Videobotschaft, er wolle im Falle seiner Wiederwahl die Gesetzeshoheit in der Abtreibungsfrage bei den einzelnen US-Bundesstaaten belassen.
Trump: Werde kein landesweites Abtreibungsverbot unterzeichnen
Wenige Tage später bekräftigte er dann am Rande eines Wahlkampfauftritts in Atlanta, dass er ein landesweites Abtreibungsverbot als Präsident nicht unterzeichnen werde. US-Lebensschützer, die seit dem Fall des umstrittenen Grundsatzurteils „Roe v. Wade“ im Jahr 2022 auf ein solches nationales Abtreibungsverbot hinarbeiten, reagierten mehrheitlich mit Unmut.
Doch damit nicht genug: Als vergangene Woche der Oberste Gerichtshof des Bundesstaates Arizona entschied, ein Gesetz aus dem Jahr 1864, das praktisch alle Abtreibungen verbietet, könne wieder in Kraft treten, sparte Trump nicht an Kritik. Das Urteil gehe zu weit und müsse korrigiert werden, so der 77-Jährige.
Dass Abtreibungsgegner an Trump als Galionsfigur zweifeln, mag verständlich sein. Doch der Kursschwenk des Republikaners lässt sich politisch leicht erklären. Sowohl in Umfragen wie auch an der Wahlurne hat sich in den vergangenen zwei Jahren gezeigt: Eine Mehrheit der Amerikaner lehnt allzu strikte Abtreibungsverbote, wie sie nun in einigen republikanisch regierten Bundesstaaten gelten, ab. Trump fürchtet um seine Wiederwahl – und passt seine Haltung dementsprechend an.
Trump war nie ein natürlicher Verbündeter der Lebensrechtsbewegung
Wer sich nun darüber wundert, hat hinter Trumps nicht zu leugnenden Verdiensten für den Lebensschutz mehr gesehen, als da tatsächlich war. Der ehemalige Präsident war nie ein natürlicher Verbündeter der Lebensrechtsbewegung. Dass er deren Anliegen vollumfänglich teilte, darf zumindest bezweifelt werden. Vielmehr behandelte er auch die Abtreibungsfrage wie ein Geschäftsmann, wie ein „Dealmaker“: Ich verschaffe euch die konservativen Richter, die „Roe v. Wade“ kippen, wenn ihr mir die wertkonservativen, evangelikalen Wähler beschafft, die mir ins Amt verhelfen.
Dennoch dürfte auch diese, gerne als Kernklientel betitelte Wählerschaft im November wieder für Trump stimmen. Denn Joe Biden, der nicht müde wird zu betonen, dass er „Roe v. Wade“ in ein landesweites Gesetz gießen möchte, ist in Sachen Lebensschutz keine Alternative.
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