Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Serie

Zwielichtige Geschäfte in der Diamantenstadt

Die Netflix-Serie „Rough Diamonds“ verbindet hervorragend eine thrillermäßige Handlung um Geld und Diamanten mit dem Drama einer Familie.
Rough
Foto: Netflix | Nach 15 Jahren kehrt Noah Wolfson (Kevin Janssens, links) nach Antwerpen zurück. Sein Bruder Eli (Robbie Cleiren) versucht verzweifelt, die seit Generationen bestehende Diamantenfirma zu retten.

In Antwerpen, der seit Jahrhunderten Diamantenhauptstadt der Welt, in der die rohen Diamanten gehandelt und geschliffen werden, und deren Handel sich größtenteils in den Händen der ultraorthodoxen jüdischen Gemeinschaft befindet, ist die gleichnamige Netflix-Serie „Rough Diamonds“ angesiedelt.

Noah Wolfson (Kevin Janssens) kehrt nach 15 Jahren mit seinem etwa achtjährigen Sohn Tommy (Casper Knopf) aus London zurück. Ein tragisches Ereignis hat Verwicklungen ans Licht gebracht, die Noahs Familie mit der albanischen Mafia in Verbindung bringen. 

Lesen Sie auch:

Authentische Serie

Da sich Familienoberhaupt Tate Ezra (Dudu Fisher) bereits aus dem Geschäft zurückgezogen hat, liegt es an Noahs Bruder Eli (Robbie Cleiren), mit tatkräftiger Hilfe seiner Schwester Adina (Ini Massez) zu verhindern, dass das seit Generationen bestehende Familienimperium in die Pleite schlittert. Irgendwann einmal bekommt auch die belgische Staatsanwältin Nicole Van Goethem (Sofie Decleir) Wind von den unsauberen Geschäften, in die zu allem Überfluss Noahs Schwiegermutter Kerra McCabe (Tine Joustra) von London aus ebenfalls verwickelt ist, und versucht, Eli als Informant zu gewinnen.

Entwickelt haben die Serie die israelischen Autoren und Regisseure Rotem Shamir und Yuval Yefet, die bereits an der israelischen, sehr beliebten Netflix-Serie „Fauda“ zusammengearbeitet hatten. Um die Authentizität von „Rough Diamonds“ zu steigern, haben sie sich mit der chassidischen Gemeinde Antwerpens in Verbindung gebracht, sowie darüber hinaus einen Jiddisch-Coach und einen kulturellen Berater engagiert.

Einblick in geschlossenes Milieu

In „Rough Diamonds“ führt Rotem Shamir bei vier Folgen Regie. Bei den restlichen vier Folgen übernimmt die Aufgabe die belgische Regisseurin Cecilia Verheyden, die sowohl in Serien („Vermist“, „Undercover“) als auch in Filmen („Ferry“) gearbeitet hat, die in der Welt des Drogenhandels in Belgien und den Niederlanden angesiedelt sind.

In „Rough Diamonds“ wird die doppelte Perspektive deutlich: die Staatsanwältin, die mit aller Entschlossenheit die zwielichtigen Machenschaften untersuchen will, verkörpert die Sicht der belgischen Behörden. Auf der anderen Seite steht eine Familie, die sich mit Leib und Seele dem Diamantengeschäft verschrieben hat. Da es sich um eine chassidische Familie handelt, ermöglicht die Serie einen Einblick in eine Welt, die sich für die meisten Zuschauer als exotisch ausnimmt.

Das solide Drehbuch verbindet beide Ebenen – die kriminellen Machenschaften und das Leben einer ultraorthodoxen jüdischen Familie als quasi geschlossene Gesellschaft – mit einem immer höheren Tempo. Die Kamera fängt nicht so sehr die Stadt Antwerpen als vielmehr das Diamantenviertel ein. In den Innenräumen kontrastiert das hervorragende Produktionsdesign die Strenge der Büros mit den luxuriösen Villen. Der Rhythmus wird auch durch den Soundtrack unterstützt, der die Spannung perfekt eintakt.

Glaubwürdige Figuren

Die Figuren sind dank der richtigen Auswahl der Schauspieler glaubwürdig, wobei insbesondere die weiblichen Charaktere hervorstechen: Ini Massez verleiht Noahs Schwester Adina eine schwierige Mischung aus Zähigkeit und Sensibilität. Ebenso verbindet Yona Elian als Mutter Sarah Wolfson mütterliche Zuneigung mit unternehmerischer Entschlossenheit. Marie Vinck gestaltet Gila, die ehemalige Verlobte, die Noah verlassen hat, als er Antwerpen verließ, sehr nuanciert. Sie alle einschließlich des eigentlichen Protagonisten Noah zeigen mehr durch die Körpersprache als durch Dialoge die schwierigen Lebens- und Moralentscheidungen, die sie treffen müssen.

Besonders hervorzuheben ist außerdem die Vielsprachigkeit in der Serie: Untereinander sprechen die Mitglieder der chassidischen Familie beziehungsweise Gemeinschaft Jiddisch, wobei Noah und Gila, aber auch Eli und Adina wechseln ins Flämische, die Sprache der Staatsanwaltschaft und weiterer Behörden, aber auch ins Französische oder ins Englische, je nachdem mit welchem Geschäftspartner sie zu tun haben. Die vier Sprachen der Serie spiegeln die Vielsprachigkeit der orthodoxen Gemeinschaft Antwerpens wider.

Eine Familie im Kampf gegen den Untergang

Bei „Rough Diamonds“ geht es nicht nur um Spannung mit unzähligen Drehbuchwendungen, um Geschäfte und Machenschaften. Die Serie handelt vor allem von einer Familie, die gegen den Untergang mit allen Mitteln kämpft, aber auch von einer alten Liebesgeschichte sowie von einem kleinen Jungen, der sich mit zwiespältigen Gefühlen in zwei sehr verschiedenen Welten zurechtzufinden versucht.


„Rough Diamonds“, Belgien 2022. Serienentwickler: Rotem Shamir, Yuval Yefet, insgesamt acht Folgen von je 47 bis 55 Minuten. Auf Netflix.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
José García Mafia

Weitere Artikel

Kirche

Meuser sieht im Angriff des liberalen Theologen Thomas Halagan auf Hartl einen Vernichtungswillen gegenüber allen geistlichen Bewegungen.
17.05.2024, 10 Uhr
Meldung
Ablässe kommen nie aus der Mode. Warum der  katholische Evergreen das Heilige Jahr 2025 bereichert
17.05.2024, 09 Uhr
Regina Einig
Die Kirche des Westens wird zum Heiligen Jahr 2025 vor die Frage gestellt, ob sie noch glaubt, was das Konzil von Nicää verkündet hat.
16.05.2024, 09 Uhr
Guido Horst