Das Viertelfinale der deutschen Nationalmannschaft gegen die „rote Furie“ versetzt die Fans in spannungsvolle Vorfreude. Dass die Pfarreileitungen bei dem Großereignis mitfiebern, liegt in der Logik der Sache. Wem der Missionsgeist und den Sinn für Verkündigung noch nicht abhanden gekommen ist, erschließt sich das kommunikative Potenzial der EM: Public viewing im Pfarrgarten oder im Gemeindezentrum könnte auch Menschen die Tür öffnen, denen Kirchgang und Katholizität eher fremd sind.
Fußball ist eine Chance, die Festkultur in der Kirche zu stärken, die in der Kirche nördlich der Alpen untergegangen zu sein scheint. Krisenmeldungen und moralinsaure Forderungen gibt es seit Jahren zuhauf, aber die Leichtigkeit des Seins fehlt und sorgt letztlich für einen unverdienten Abschreckungswert der Institution.
Gemeinsame Einladung
Wie die Kirche einlädt, lässt manchen schaudern. Wie ein veritabler Fehlpass katholischer Entscheider aussehen kann, zeigt sich heute in NRW. Pfarrgemeinde, Sportverein und Dorfgemeinschaft von Hiddingsel im Kreis Coesfeld laden zum gemeinsamen Public Viewing ein. Auf den ersten Blick eine exzellente Idee, wenn es nicht ausgerechnet die Kirche St. Georg wäre, in der das Spektakel stattfinden soll. Für Speis und Trank wird gesorgt - so kann die Kirche Menschen das Gespür für heilige Orte in 90 Minuten austreiben. Dass der Erlös des Abends für die Umgestaltung des Friedhofs gedacht ist, passt zur Totengräberstimmung, die von dieser Einladung ausgeht. Ein Fehlpass vor dem Viertelfinale. Möge die rote Furie gewinnen und die Kirche in Deutschland nach ehrlicher Manöverkritik aus dem Verlierermodus herausfinden.
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