Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Krieg gegen die Ukraine

Putin will keinen Frieden

Diplomatische Manöver wie die Schweizer Friedenskonferenz haben keine Chance, solange Moskau auf die einseitige Kapitulation der Ukraine setzt.
Putin bei Nordkoreas Diktator Kim
Foto: IMAGO/Kremlin Pool (www.imago-images.de) | Nordkorea hat Russland zehntausende Container Artilleriemunition und Dutzende ballistische Raketen für den Krieg in der Ukraine geliefert.

In dieser Woche pilgerte Wladimir Putin nach Nordkorea, um sich bei Kim Jong Un zu bedanken. Grund dazu hat er, denn die kommunistische Despotie hat Russland zehntausende Container Artilleriemunition und Dutzende ballistische Raketen für den Krieg in der Ukraine geliefert. Russland bezahlt mit militärischen Schlüsseltechnologien und holt Kim Jong Un aus der Isolation.

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So tief ist Putin gesunken: Ohne die Drohnen der schiitischen Mullah-Diktatur Iran und die Munition aus Nordkorea könnte der russische Imperialist seinen Krieg gegen das ukrainische Brudervolk gar nicht führen. Der Besuch bei Kim Jong Un ist ein Schlag ins Gesicht jener Staaten, die auf eine diplomatische Friedenslösung mit Russland hoffen. Zuletzt unterzeichneten etwa Indien, Brasilien, Mexiko, Südafrika, Saudi-Arabien, Indonesien und Bahrein die Abschlusserklärung der Schweizer Friedenskonferenz nicht, um sich noch diplomatische Beinfreiheit gegenüber Moskau zu sichern. Vielleicht haben sich diese Länder, die selbst der Kreml nicht zum "kollektiven Westen" zählen kann, damit wirtschaftliche Vorteile in der Russischen Föderation gesichert, doch einem Frieden in der Ukraine werden sie kaum den Weg bahnen können, solange Putin auf eine einseitige Kapitulation Kiews setzt.

Ein vergiftetes Friedensangebot

Dass er das tut, bewies in der Vorwoche ein vergiftetes Friedensangebot des russischen Präsidenten, das wohl dazu gedacht war, die Schweizer Gipfelteilnehmer zu verwirren: Putin sagte Waffenstillstandsverhandlungen zu, falls die Ukraine vertraglich auf eine NATO-Mitgliedschaft verzichte, radikal abrüste und alle Truppen aus den von Russland annektierten Gebieten zurückziehe. Wohlgemerkt nicht aus den russisch besetzten Territorien im Osten und Süden der Ukraine, sondern aus allen Regionen, die Russland einseitig und völkerrechtswidrig für annektiert erklärt hat: Cherson, Saprorischschja, Donezk und Luhansk. Die Ukraine müsste also nicht nur die okkupierten Gebiete verloren geben, sondern auch Teile der freien, jedoch von Moskau beanspruchten Ostukraine. Das wäre nicht nur ein russischer Diktatfrieden, sondern eine Kapitulation der Ukraine.

Weder beim G7-Treffen, bei dem der Ukraine die Zinserträge eingefrorener russischer Staatsvermögen und Oligarchengelder zugesprochen wurden, noch beim Friedensgipfel am vergangenen Wochenende in der Schweiz spielten die Forderungen Putins eine Rolle. Immerhin 93 Staaten und internationale Organisationen waren in der Nähe von Luzern versammelt, darunter Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin; 83 von ihnen unterzeichneten das Abschlussdokument, in dem die Souveränität der Ukraine in ihren völkerrechtlich anerkannten Grenzen bekräftigt wird.

Es sollte dem Kremlherrn zu denken geben, dass selbst ein enger Verbündeter wie Serbien und eine vermittelnde Regionalmacht wie die Türkei die Schweizer Abschlusserklärung unterzeichneten. Darin heißt es unter anderem, dass der Krieg Russlands in der Ukraine "großes menschliches Leid und Zerstörung" verursache, dass ein Frieden die Beteiligung aller Parteien erfordere, dass Ernährungssicherheit nicht als Waffe eingesetzt werden dürfe, dass Angriffe auf Handelsschiffe und zivile Häfen nicht hinnehmbar seien und dass Atomkraftwerke geschützt und unter ukrainischer Regie betrieben werden sollten. All das kritisiert faktisch die tagtägliche russische Kriegsführung.

Klares Nein zum Einsatz von Atomwaffen

Der Ukraine gelang es zudem, die Forderung nach einer Freilassung aller von Russland verschleppten Kinder und Zivilisten sowie ein klares Nein zum Einsatz von Atomwaffen in die Abschlusserklärung zu bringen. Putin hätte jene Staaten, die zum Schweizer Friedensgipfel kamen, aber die Schlusserklärung nicht firmierten, als Brückenbauer und Vermittler identifizieren können, so er tatsächlich an Friedens- oder zumindest Waffenstillstandsverhandlungen interessiert wäre. Stattdessen verlautete am Dienstag in Moskau, das Außenministerium arbeite an einer Änderung der russischen Atomdoktrin. Eine neuerliche Nebelgranate, die den Westen verängstigen und spalten soll.

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