Beim lieben Geld ist Wladimir Putin offenbar schmerzempfindlich. Hunderttausende junge Menschen – Ukrainer, Russen und ethnische Minderheiten aus der großen Russischen Föderation – in seinem imperialistischen Angriffskrieg zu verheizen, bereitet ihm keine Nöte, aber die Geldsorgen seiner kleinen Oligarchenschicht lassen ihn aufjaulen. Der G7-Gipfel hatte beschlossen, die Zinserträge aus den eingefrorenen russischen Vermögen für die Ukraine zu nutzen, und Wladimir Putin geriet in Rage.
Nach dem Verursacherprinzip ist es überaus logisch und gerecht, die russischen Staatsvermögen und die Oligarchengelder für den Schaden, den Russland in der Ukraine anrichtet, zu verwenden. Denn ohne die auf Putin ausgerichteten institutionellen Strukturen und ohne die Rückendeckung der korrupten russischen Finanzelite könnte der russische Despot seinen Krieg gar nicht führen. Doch so weit wollten die G7-Gipfelstürmer nicht gehen: Nicht die eingefrorenen Russengelder, sondern nur deren Zinserträge sollen für den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden.
Wenn Räuber von Raub sprechen
Putin nennt das einen „Raub“, doch er selbst ist der Räuber. Putins Russland betreibt in der Ukraine Landraub und Raubmord, wie zuvor 2008 in Georgien, nur brutaler und hemmungsloser. Der Westen hat nun neuerlich ein Signal gesandt, dass Wladimir Putin, die Oligarchenbande und der russische Staat nicht ungeschoren davonkommen dürfen, dass sich die Unterstützer der Ukraine nicht einschüchtern lassen und Kiew auch nicht im Stich lassen werden.
Dieses Signal ist wichtig, denn Putin fährt derzeit eine Doppelstrategie: Einerseits droht er dem Westen mit Strafen, andererseits versucht er, die westliche Öffentlichkeit mit einem vergifteten Angebot zu verwirren und zu spalten. Ein Waffenstillstand sei denkbar, wenn die Ukraine auf die NATO-Option verzichtet und alle Kämpfer aus den von Moskau beanspruchten – nicht nur den besetzten – Gebieten abzieht, sagte Putin am Freitag. Das klingt nach einem „frozen conflict“, doch die Ukrainer wissen, dass eine solche Kampfpause für Putin nur ein Atemholen vor dem nächsten Angriff wäre. Frieden wird es erst geben, wenn der Aggressor besiegt ist.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.