Rein taktisch hätte der CDU nichts Besseres passieren können, als vom Zentralrat der Muslime in Deutschland kritisiert zu werden. Mit der neuen Formulierung in ihrem Grundsatzprogramm zum Islam würden die Christdemokraten Muslime stigmatisieren, beschwerte sich Aiman Mazyek. Der so inkriminierte Satz im Programm lautet: „Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland.“
Da mag sich in der Tat mancher die Augen reiben, aber aus Verwunderung über diese inszenierte Aufregung. Es gibt in dieser Gesellschaft ein steigendes Misstrauen gegenüber den Gefahren, die von einem politisierten Islamismus ausgehen. Und sowohl der Blick in unsere Gesellschaft – Stichwort islamischer Antisemitismus – wie auch in die Welt – siehe Iran – liefert dieser Sorge gute Gründe.
Die Reaktion nicht den rechtspopulistischen Kräften überlassen
Der größte Fehler, der gemacht werden kann – er wurde freilich in der Vergangenheit schon vielfach begangen –, wäre es, die Reaktion auf diese berechtigte Sorge allein den rechtspopulistischen Kräften, sprich der AfD, zu überlassen. „Der Islam gehört zu Deutschland“: Die Union ist viel zu lange der unverbindlichen Formel von Alt-Bundespräsident Christian Wulff gefolgt. Das hat sich nun unter Merz und Linnemann endlich geändert.
Jetzt darf sich die Unionsführung von dem Geschrei des Zentralrats nicht kirre machen lassen. Zumal dieser Verband nur einen Bruchteil der Muslime repräsentiert, die in Deutschland leben. Deren Mehrzahl könnte sogar höchst wahrscheinlich diesen Satz aus dem Grundsatzprogramm unterschreiben. Man darf ihn ihnen nur eben nicht schlechtreden.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.